Deutsch – www.romblog.at https://www.romblog.at Fri, 10 Apr 2020 13:58:05 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.8.14 https://www.romblog.at/wp-content/uploads/2017/06/cropped-Logo-romblog512-32x32.png Deutsch – www.romblog.at https://www.romblog.at 32 32 Wien | Buku Weinrich & Knebo Guttenberger am 25. September im Porgy & Bess https://www.romblog.at/2019/08/20/wien-buku-weinrich-knebo-guttenberger-am-25-september-im-porgy-bess/ https://www.romblog.at/2019/08/20/wien-buku-weinrich-knebo-guttenberger-am-25-september-im-porgy-bess/#respond Mon, 19 Aug 2019 22:18:59 +0000 https://www.romblog.at/?p=3031 Wien | Buku Weinrich & Knebo Guttenberger am 25. September im Porgy & Bess

Tatsächlich ist es mittlerweile bereits fast ein Jahr her, dass der Weltklasse Jazzviolinist Zipflo Weinrich von uns ging. Seine Familie hält die musikalische Tradition weiter hoch und erfrischt die österreichische Musikszene mit den Kompositionen des Sohnes von Zipflo – Buku Weinrich.

 

Buku spielt seit seinem achten Lebensjahr Gitarre und lernte viel von seinem Großvater Joschi Weinrich. Später wurde aktiv in der Band seines Vaters Zipflo und arbeitet dadurch schon sehr früh mit Größen wie Stochelo Rosenberg, Philip Chaterine oder Karl Ratzer.


Großartiges Konzert mit Stargast Knebo Guttenberger

Letzte Woche trat Buku mit seiner eigenen Band auf – dem dem Buku Weinrich Quartett. Zu diesem besonderen Konzert vor dem Rathaus in Korneuburg wurde Stargast Knebo Guttenberger als Lead-Sänger präsentiert. Dieser swingt und jazzt ganz in der Tradition von Frank Sinatra, Michael Buble oder Roger Cicero.

Hier in das Konzert reinhören + Gruss von Knebo Guttenberger

 

 

Diese besondere Kooperation kann man am 25. September 2019 im Wiener Porgy & Bess noch einmal live erleben, denn anlässlich des ersten Todestages der Jazzvioline-Ikone Zipflo Weinrich wird dort eine sehr persönliche musikalische Hommage mit Freunden wie zB. Tini Kainrath gespielt.

Veranstaltungshinweis: Mittwoch, 25. September 2019 | 20:30 @Porgy & Bess, 1010 Wien
Zipflo Weinrich Gipsy Swing / Zipflo Weinrich Jazz Funk Group (A/F/I)
 
mit:
Tini Kainrath, Knebo Guttenberger: vocals
William Lecomte: piano
Hans Zinkl, Buku Weinrich: guitar
Karl Sayer, Milan Nikolic: bass
Manu Maze: accordion
Heimo Wiederhofer: drums
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Meinung | Romani Voices | Teil 4: Meinung zu „Blue Gipsy – All the invisible children“ von Laura Moldovan https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-4-meinung-zu-blue-gipsy-all-the-invisible-children-von-laura-moldovan/ https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-4-meinung-zu-blue-gipsy-all-the-invisible-children-von-laura-moldovan/#respond Sun, 15 Apr 2018 23:38:55 +0000 https://www.romblog.at/?p=1395 Source: alisashortfilm.wordpress.com

Romanes | Rumänisch | Englisch

 

Die Reihe „Romani Voices“ gibt Menschen aus der Roma Community die Möglichkeit ihre Meinung zu veröffentlichen. Der folgende Text ist von Laura Moldovan. Der folgende Text ist keine Filmkritik. Er stellt nicht die Fähigkeiten von Kusturica als Regisseur in Frage. Dieser Text beschreibt die Wahrnehmung von Laura Moldovan. Es ist ihre Analyse der „Zigeuner“, die Kusturica in seinen Filmen zeigt und eine Analyse davon was diese konstruierten „Zigeuner“ und deren karikierte Welt mit der Wahrnehmung jener Menschen macht, die diese preisgekrönten und hochanerkannten Filme sehen.

Der Text gliedert sich in 4 Teile: ein Intro und 3 Einzeltexte zu verschiedenen Filmen:

 

Teil 1 Intro | „Emir Kusturica und seine Zigeuner“ –> Teil 1 Audio Version
Teil 2: „Die Zeit der Zigeuner“ (1989) –> Teil 2 Audio Version
Teil 3: „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) –> Teil 3 Audio Version

Sie lesen gerade: Teil 4: „Blue Gipsy – All the invisible children“ (2005) –> Teil 4 Audio Version

 

oder hören sie sich alle Teile auf einmal an: Teil 1 – 4 Audio Version

 

 

 

Teil 4: „Blue Gipsy – All the invisible children“ (2006)

 

 

von Laura Moldovan

Der Film „All the invsible children“ wurde im Rahmen eines UNICEF Projekts produziert und besteht aus insgesamt 7 Kurzfilmen von 8 Regisseuren. Der Film wurde im Jahr 2006 veröffentlicht. Kusturica trug als einer dieser 8 Regisseure mit seinem Kurzfilm „Blue Gipsy“ zu diesem Filmprojekt bei.

 

Zu seiner Arbeit an diesem Kurzfilm sage der Filmemacher Kusturica:

Ich habe meine Beobachtungen, meine Obsessionen ausgedrückt. Jemand hat mir einen Schlüssel gegeben, den ich in ein Skript verwandelt habe.

Der Titel “Blue Gipsy” bezeichnet Roma mit blauen Augen, dies wird als ein Symbol des Guten und Außergewöhnlichen gesehen.

 

Screenshot „Blue Gipsy“ Hauptfigur „Uros“

 

Die Hauptfigur Uros hat eine lange Zeit in der Jugendstrafanstalt verbracht. Er hat gemischte Gefühle im Bezug auf seine eigene Freilassung. Er weiß nicht, was die Zukunft bringt, wenn er wieder mit seinem Vater leben muss, der ihn schlägt und zum Stehlen zwingt. Zurück in der Freiheit wird Uros beinahe beim Stehlen erwischt. Seine Flucht vor der Tat endet schließlich wieder in der Jugendstrafanstalt. Eine Tat, die er bewusst gewählt hat. Die psychologische Ebene dieser Geschichte ist frappierend. Es wird impliziert, dass Uros sogar in der Jugendstrafanstalt bessere Möglichkeiten hätte, sich und sein Leben in den Griff zu bekommen, als innerhalb seines Familienverbandes. Zudem wird während des gesamten Films suggeriert, dass Uros Schicksal ohnehin schon besiegelt ist: Er gehört in die Strafanstalt, dort ist sein Platz.

 

 

Generell werden Roma im Film als Diebe und Betrüger dargestellt, als schlechte und gewalttätige Eltern, die ihre Kinder bildungsfern erziehen. Eine weitere Szene indem das sichtbar wird, ist jene am Bahnhof: Eine große bettelnde Roma Familie macht eine Show, spielt Musik, singt und tanzt. Währenddessen wird das begeisterte Publikum bestohlen. Damit will Kusturica implizieren das Roma ihre Musik und „Lebensfreude“ missbrauchen, um die Menschen zu täuschen und auszubeuten (siehe youtube Video). Der Film suggeriert, dass es für alle besser wäre, abgeschieden und abgeschottet von der Außenwelt und der Mehrheitsgesellschaft zu leben.

 

 

Filme wie dieser tragen in hohem Maße dazu bei, dass Roma pauschal als minderwertige, parasitäre Menschen gesehen werden, die keinen Platz in der Gesellschaft haben, ihn nicht suchen, nicht wollen und niemals finden können. Für die Zuseher werden negative Vorurteile gegen diese Ethnie bestätigt und verstärkt und Stereotype über Kriminalität, Verschlossenheit und Gewalt reproduziert. Kusturica vermittelt, dass die Roma die Schuld für ihr prekäres Leben selbst tragen und dass die schlechten Lebensverhältnisse unter denen viele Roma leben müssen nicht aufgrund jahrhundertelanger Diskriminierung zustande gekommen sind, sondern wegen einem fehlenden Verständnis der Europäischen Gesellschaft und einem Versagen der Angehörigen der Minderheit.

 

 

Ein klassisch antiziganistischer Film, der in den 1930er Jahren wohl den selben Anklang gefunden hätte, wie heute.

 

 

 

Weitere Artikel zu Emir Kusturicas:

Teil 1 Intro | „Emir Kusturica und seine Zigeuner“ –> Teil 1 Audio Version
Teil 2: „Die Zeit der Zigeuner“ (1989) –> Teil 2 Audio Version
Teil 3: „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) –> Teil 3 Audio Version

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Meinung | Romani Voices | Teil 3: Meinung zu „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) von Laura Moldovan https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-3-meinung-zu-schwarze-katze-weisser-kater-1998-von-laura-moldovan/ https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-3-meinung-zu-schwarze-katze-weisser-kater-1998-von-laura-moldovan/#respond Sun, 15 Apr 2018 23:33:03 +0000 https://www.romblog.at/?p=1370 Quelle Foto: ia.media-imdb.com

Romanes | Rumänisch | Englisch

 

Die Reihe „Romani Voices“ gibt Menschen aus der Roma Community die Möglichkeit ihre Meinung zu veröffentlichen. Der folgende Text ist von Laura Moldovan. Der folgende Text ist keine Filmkritik. Er stellt nicht die Fähigkeiten von Kusturica als Regisseur in Frage. Dieser Text beschreibt die Wahrnehmung von Laura Moldovan. Es ist ihre Analyse der „Zigeuner“, die Kusturica in seinen Filmen zeigt und eine Analyse davon was diese konstruierten „Zigeuner“ und deren karikierte Welt mit der Wahrnehmung jener Menschen macht, die diese preisgekrönten und hochanerkannten Filme sehen.

Der Text gliedert sich in 4 Teile: ein Intro und 3 Einzeltexte zu verschiedenen Filmen:

 

Teil 1 Intro | „Emir Kusturica und seine Zigeuner“ –> Teil 1 Audio Version
Teil 2: „Die Zeit der Zigeuner“ (1989) –> Teil 2 Audio Version

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Teil 4: „Blue Gipsy – All the invisible children“ (2005) –> Teil 4 Audio Version

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Teil 3 |  „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998)

 

von Laura Moldovan

Nach dem Preis von Cannes für die „beste Regie“ für den Film „Die Zeit der Zigeuner“ beginnt Emir Kusturica mit dem Dreh des Films „Arizona Dream“ in New York. Namhafte Schauspieler wie Johnny Depp und Jerry Lewis konnte er für diese Produktion gewinnen. Hier beginnt eine schwierige Zeit in der Biografie Kusturicas.

 

Die Arbeit an Arizona Dream fällt ihm schwer – sein Vater stirbt und seine Heimat Jugoslawien bricht im Krieg auseinander. Nach dem Tod seines Vaters, kehrt Kusturica zurück nach Ex-Jugoslawien und macht seinen mutigsten Film „Underground“, in dem er die Geschichte der letzten 50 Jahre seines Heimatlandes kritisch reflektiert. „Ich versuche nicht zu sagen, dass ich ein Genie bin, aber „Underground“ war der stärkste Angriff auf Milosevic“, sagt Kusturica in einem Interview in „The Guardian“ 1999.

An diesem Punkt seiner Karriere wollte Kusturica eigentlich aufhören Filme zu machen. Er hatte das Gefühl, dass er seine „Pflicht“ erfüllt hätte und spürte starken politischen Druck. Danach begann die Arbeit am Film „Schwarze Katze, weißer Kater. Emir Kusturica überdenkt aufgrund seiner negativen Erfahrungen beim Film „Underground“ seine thematische (kritische)  Ausrichtung und seinen Stil und beschließt den Tonfall zu ändern, seichtere Themen zu behandeln und seine Filme fröhlich mit „Happy Ends“ ausklingen zu lassen.

 

Source: kustu.com

 

 

 

 

 

Der ursprüngliche Titel des Films „Schwarze Katze, weißer Kater“ war „Acrobatic Music“. Eine Szene die schnell klarmacht wie es zu diesem Arbeitstitel kam, ist jene in der eine Gruppe von Musikern an einen Baum gefesselt spielt , so als ob es das normalste auf der Welt wäre. Damit wird impliziert, dass für Roma die verrücktesten Dinge und Situationen Normalität bedeuten. Kusturica erlaubt sich in diesem Film seiner Phantasie freien Lauf zu lassen und die lächerlichsten und seltsamen Hypothesen über Roma und deren Kultur aufzustellen.

 

 

 

 

 

 

 

Das zentrale Thema des Films sind Hochzeiten, die trotz Todesfällen in der Familie stattfinden. Das „Happy End“ kommt mit der Auferstehung der alten Männer – die das „Überleben der Roma“ symbolisiert – und mit dem Sieg der Liebe. Die Hauptfiguren, Zare und Ida, sind die einzig „normal“ dargestellten Menschen im Film. Sie verlassen erleichtert ihren Verwandten mit einem Kreuzfahrtschiff, was die Idee Kusturica´s illustriert, dass man nur außerhalb der Roma-Community ein normales Leben führen kann. „Happy End“   | Siehe YouTube Clip ab Min 03:30

 

 

 

Seltsam, obskur und tierisch primitiv

 

In Kusturicas Film tauchen zahlreiche skurrile Charaktere auf: Eine bärtige Frau, eine übergewichtige Meerjungfrau, ein grünhaariger Leibwächter, der schwarze Obelisk, eine übergewichtige Diva, die mit ihrem Hintern Nägel aus Holz ziehen kann und unzählige weitere. Auch die Magie darf nicht aus dem Film fehlen. Durch ein Ritual des alten Zarije, ist er nur für einen Tag Tod,um die Hochzeit seines Neffen zu stoppen. Auch der Enkel Zare kennt einige Zaubertricks.

 

Screenshot „Black cat, white cat“ (Diva die mit ihrem Hintern Nägel aus dem Holz zieht; rechts im Bild)

 

Dass Kusturica ein Bewunderer von Federico Fellini ist, zeigt sich auch in diesem Film wieder: Er verbindet das tägliche Leben der Roma mit dem Zirkus und erarbeitet sich damit den Spitznamen „Fellini vom Balkan“. „Ich bin stolz darauf, entdeckt zu haben, wie dieser Typ seine Filme macht und dass ich meine auf die selbe Weise machen kann. Ich verwende diese kleinen Tricks, wie ein Magier der einen Zirkus sieht und in einen anderen arbeiten geht.(September 1999)

 

Screenshot „Black cat, white cat“

 

Aus dem totalen Chaos des Films – ein Zirkus, in dem die Roma mit Tieren koexistieren – schließen wir, dass Kusturica die Ähnlichkeit der Roma mit Tieren und ihre Identifikation mit ihnen implizieren wollte. In beinahe jeder Szene des Films werden Tiere gezeigt: Hunde, Ziegen, ein Pfau als Haustier, Katzen als Zeugen einer Hochzeit, ein Schwein, das einen Trabant frisst. Auch die Gänse dürfen als wiederkehrendes Motiv Kusturicas Werke nicht fehlen. Sie sind überall – im Hof, auf der Straße, im Restaurant und sogar im Haus. Am Ende des Films werden sie sogar anstelle von Handtüchern verwendet. Hiermit erinnert Kusturica an seine liebste Legende über Roma und Gänse.

 

 

Screenshot „Black cat, white cat“

 

 

 

Kusturica will die Primitivität der Roma zeigen.

 

Sie sind mittelalterlich, aber sie haben Mobiltelefone

erklärt er in einem Interview in der britischen Zeitung „The Guardian“ 1999.

 

 

Wenn es nach Emir Kusturica gehen würde, müssten wir Roma wohl auch noch in hundert Jahren abgeschottet von jeglicher Technologie in einem goldenen Käfig leben müssen. Wie im Zoo könnten sich seine Zuseher dann über unser Leid und unser Leben lustig machen, so wie im Zirkus. Ein antiziganistischer Klassiker, der es dem Publikum leicht macht, Roma in eine Schublade zu stecken, um sie bei Bedarf jeder Zeit wieder herauszuholen.

 

 

 

 

Weitere Artikel zu Emir Kusturicas:

Teil 1 Intro | „Emir Kusturica und seine Zigeuner“ –> Teil 1 Audio Version
Teil 2: „Die Zeit der Zigeuner“ (1989) –> Teil 2 Audio Version

Sie lesen gerade: Teil 3: „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) –> Teil 3 Audio Version

Teil 4: „Blue Gipsy – All the invisible children“ (2005) –> Teil 4 Audio Version

oder hören sie sich alle Teile auf einmal an: Teil 1 – 4 Audio Version

 

 

 

 

 

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Meinung | Romani Voices | Teil 2: Meinung zu „Die Zeit der Zigeuner“ (1989) https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-2-meinung-zu-die-zeit-der-zigeuner-1989/ https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-2-meinung-zu-die-zeit-der-zigeuner-1989/#respond Sun, 15 Apr 2018 23:21:24 +0000 https://www.romblog.at/?p=1341 Source: kustu.com

 

Romanes | Rumänisch | Englisch

 

Die Reihe „Romani Voices“ gibt Menschen aus der Roma Community die Möglichkeit ihre Meinung zu veröffentlichen. Der folgende Text ist von Laura Moldovan. Der folgende Text ist keine Filmkritik. Er stellt nicht die Fähigkeiten von Kusturica als Regisseur in Frage. Dieser Text beschreibt die Wahrnehmung von Laura Moldovan. Es ist ihre Analyse der „Zigeuner“, die Kusturica in seinen Filmen zeigt und eine Analyse davon was diese konstruierten „Zigeuner“ und deren karikierte Welt mit der Wahrnehmung jener Menschen macht, die diese preisgekrönten und hochanerkannten Filme sehen.

Der Text gliedert sich in 4 Teile: ein Intro und 3 Einzeltexte zu verschiedenen Filmen:

Teil 1 Intro | „Emir Kusturica und seine Zigeuner“ –> Teil 1 Audio Version

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Teil 3: „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) –> Teil 3 Audio Version
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Teil 2: Meinung zu „Die Zeit der Zigeuner“ (1989)

 

von Laura Moldovan

 

Seit Generationen sprechen Roma-Aktivisten und Roma, die sich politisch engagieren darüber, dass die Zeit gekommen ist, unser Recht in die Hand zu nehmen und gegen Ungerechtigkeit aufzustehen. Für jemanden, der Emir Kusturicas Werk  „Die Zeit der Zigeuner“ nicht gesehen hat, könnte der Titel wohl eben diese Emanzipation der Roma behandeln. Bis man sich als Zuseher eingestehen muss, dass „Die Zeit der Zigeuner“ wohl viel eher „Die Zeit der Antiziganisten“ hätte heißen müssen.

 

 

Über „Die Zeit der Zigeuner“ sagte Emir Kusturica 1989:

Warum die Zigeuner? Der einzige Grund ist, dass ich schockiert war, dass man Kinder verkaufen könnte.

Obwohl Menschenhandel eine sozialpolitische Problematik ist, die nicht nur Roma betrifft, sondern auch zahlreiche andere Menschengruppen weltweit, reduziert Kusturica die Roma in seinem Film auf diese Thematik.

Kusturica entscheidet sich nach seinen Recherchen dazu, die Roma im Film als Mafia darzustellen. Gleichzeitig verkauft er diese Entscheidung als eine weltoffene Wahl, die es ihm ermöglicht, erstmals eine andere, eine fremde Kultur darzustellen und kennenzulernen:

 

Screenshot „Time of the Gipsys“ „Roma als Mafia“

 

Die Zeit der Zigeuner war mein erster Schritt aus meinem Garten – hin zu einer anderen Kultur als meine eigene. Ich begann zu lernen, wie man eine andere Gesellschaft betrachtet“,

erklärt er in einem Interview in französischen Zeitschrift „Le Monde“ 23. Jänner 1993. Dass Roma die Kultur des Balkan jahrhundertelang aktiv mitgestaltet haben, verschweigt Kusturica mit dieser Aussage gekonnt. In seinen Augen ist diese Minderheit in Europa fremd und exotisch.

 

 

 

Nach der Erscheinung des Films „Guardian Angel“ (1987) von Goran Paskaljevic, ist Kusturica auf einen Zeitungsartikel über einen Fall von Kinderhandel gestoßen, in dem kolportiert wurde, dass die Täter Angehörige der Ethnie der Roma seien. Im Rahmen seiner Recherchen sprach Kusturica mit den Autoren des Artikels, Journalisten und verbrachte eigenen Angaben zufolge viel Zeit in einer Roma-Community in Mazedonien.

Dass Roma in seinem Werk immerzu als „Zigeuner“ bezeichnet werden, ist wohl ein Zeichen dafür, dass Kusturica die Geschichte unseres Volkes nur spärlich recherchiert hat.

Von Beginn an fokussiert er sich ausschließlich auf die Darstellung negativer Aspekte unserer Lebensrealität und stets dazu bereit diese auszuschmücken und aufzublasen.

 

Magisch, mafiös, gottlos und heimatlos

 

 

Screenshot „Time of the Gipsys“
Screenshot „Godfather“

Zeitweise wirkt der Film „Die Zeit der Zigeuner“ sogar wie ein Remake von Godfather I & II. Kusturica hat sich offensichtlich einiges von Francis Ford Coppola abgeschaut. Abseits der äußerlichen Ähnlichkeit zwischen den Protagonisten Perhan und Michael Corleone, sowie Ahmed und Vito Corleone, werden auch die gleichen Themen behandelt, wie jene aus Coppolas Mafiaepos: Die Frage des bösen Nachfolgers des Paten und natürlich der Aufstieg und Fall einer Familie, eines Mafiaklans.

 

 

Screenshot „Time of the Gipsys“
Screenshot „Amarcord“

Für „Die Zeit der Zigeuner“ hat sich Kusturica offensichtlich auch von dem Film „Amarcord“ von Federico Fellini inspirieren lassen. Motive, wie Hochzeiten und Bankette in der Natur, ein verrückter Erzähler zu Beginn des Films, das Akkordeon und sogar eine Szene mit Truthahnhypnose erinnern an Fellinis Welt des Zirkus.

 

 

Screenshot „Time of the Gipsys“ Das Haus hebt ab

 

Der Film basiert auf einem äußerst rassistischen Weltbild das durch verschiedene Motive dargestellt wird: Der Originaltitel des Films („Dom za vešanje“) bedeutet auf Deutsch soviel wie „Das Haus zum Aufhängen“. Eine Szene im Film ist für den Titel besonders treffend und steht symbolisch dafür, dass Roma keine echten Häuser hätten, kein Zuhause und keine Heimat. Diese Szene steht auch für das stetige „Überleben der Roma“, die selbst dann noch da sind wenn andere ihre Häuser in die Luft jagen oder zerstören. Für den Vertrieb des Films im Ausland wurde der Titel aus Marketinggründen in „Die Zeit der Zigeuner“ (engl. „The time of the Gypsies“) geändert.

 

 

 

Hochzeiten sind ein immer wiederkehrendes Motiv in allen Filmen von Kusturica, so auch in diesem. Bereits in der Eingangsszene des Films beschimpft eine Romni im Hochzeitskleid ihren völlig betrunkenen Ehemann und wirft ihm vor, er hätte ihr Leben zerstört. Diese Szene wiederholt sich zum Schluss in einer anderen Konstellation. Kusturica impliziert damit, dass Roma elende und schlechte Ehemänner sind, und dass sie nicht nur ihr eigenes Leben zerstören, sondern auch das Leben ihrer Frauen.

 

 

Das Grundmotiv im Verhalten aller agierenden Figuren wird zu Beginn des Filmes (siehe Youtube Clip)  von einem offensichtlich verrückten Protagonisten erklärt. Dieser beschwert sich darüber, dass ihm seine Freiheit genommen, seine Flügel gestutzt und seine Seele beschnitten wird. Dies unterstellt den Roma abermals Rastlosigkeit und Heimatlosigkeit. Meine Interpretation ist, dass Kusturica damit sagen will, dass die Roma sich nicht integrieren möchten und lieber stur auf ihre angebliche Freiheit beharren, um auf ihre „eigene Lebensart“ beibehalten zu können, obwohl das für die anderen Menschen störend ist und Unbehagen auslöst.

 

 

Screenshot „Time of the Gipsys“

Ein weiteres Motiv, das den Film prägt, ist Religion in Verbindung mit Mystik und Magie. Ebenfalls zu Beginn des Films wird eine Legende über Gott und die Roma in die Geschichte eingeführt. Die Legende erzählt davon, wie Gott auf die Erde kam, und sie wieder verließ, weil er die Roma nicht ertragen konnte. So wären die Roma letztlich selbst an ihrer prekären Lebenssituation schuld, da sie sogar den Herrgott verjagt haben sollen. Diese Legende existiert in der Roma Community nicht, sie ist eine Erfindung von Kusturica. Seine psychologische Motivation dahinter ist zu hinterfragen. Vielleicht leidet er, so wie viele Regisseure, an einem Gott-Komplex? Vielleicht wollte er dem Film noch mehr Magie und Mystik verleihen um die Stereotype zu verstärken?

 

 

 

Screenshot „Time of the Gipsys“

Kusturica selbst erklärte in einem Interview in der französischen Zeitschrift L’Express (1989), dass Magie zum Leben der Roma gehöre. Deshalb hätte er dem Charakter Perhan telekinetische Fähigkeiten verliehen und dessen Großmutter im Film mit Heilkräften ausgestattet. Das Motiv vom vergraulten Gott und der Hochzeit, kehren auch zum Schluss wieder und bilden den Rahmen der gesamten Handlung: In der letzten Szene des Films, betet ein Rom zu einem herabgefallenen Kruzifix, das er vom Boden aufhebt und an die Wand zurückhängt. Doch als er versucht mit Gott zu verhandeln fällt das Kreuz wieder zu Boden.

 

 

 

Die Zeit der Gänse

 

 

Screenshot „Time of the Gipsys“

 

Kusturica erklärte in einem Interview seinen Bezug zu Gänsen in seinen Filmen. Er hätte eine Legende gehört, die ihn sehr faszinierte, wonach Gänse die „Zigeuner“ vor zweitausend Jahren von Indien nach Europa gebracht hätten. Als Dank hätten die Roma den Gänsen ihre Flügel abgeschnitten. Auch die Symbolik der beschnittenen Flügel taucht in Kusturicas Werken immer wieder auf und stellt den Verlust von Freiheit dar. Tatsächlich verließen Roma den indischen Subkontinent vor etwa eintausend Jahren – mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne die Hilfe von Gänsen.

 

 

 

Für Kusturica klingen Legenden besser, als die Realität. Durch sie kann er seine rassistische Denkweisen ausleben und den Antiziganismus in unserer Gesellschaft auch künstlerisch verstärken.

Wenn wir Kusturicas Filmen Glauben schenken wollen, zerstören die Roma ihre Leben selbst. Sie sind kein Europäisches, sondern ein stets fremdes Volk, das von den einheimischen Europäern ertragen werden muss. Nach seinem Kassenschlager „Die Zeit der Zigeuner“  brachte Kusturica 2007 „Time oft he Gypsies“ als Punk Opera auf die Bühnen von Paris und ließ sich dabei von seiner Band, dem „No Smoking Orchestra” musikalisch begleiten.

 

Die Zigeuner von Emir Kusturica haben ihre Federn schon lange verloren. Ob Emir Kusturica seine Feder nicht auch niederlegen sollte, sei einmal dahingestellt.

 

 

 

Weitere Artikel zu Emir Kusturicas:

Teil 1 Intro | „Emir Kusturica und seine Zigeuner“ –> Teil 1 Audio Version

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Teil 3: „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) –> Teil 3 Audio Version
Teil 4: „Blue Gipsy – All the invisible children“ (2005) –> Teil 4 Audio Version

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Meinung | Romani Voices | Teil 1: Emir Kusturica und seine „Zigeuner“ von Laura Moldovan https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-1-emir-kusturica-und-seine-zigeuner-von-laura-moldovan/ https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-1-emir-kusturica-und-seine-zigeuner-von-laura-moldovan/#comments Sun, 15 Apr 2018 23:11:24 +0000 https://www.romblog.at/?p=1286 Foto: andricgrad.com

Artikel von Laura Moldovan | Übersetzung Samuel Mago

Romanes | Rumänisch | Englisch

 

Die Reihe „Romani Voices“ gibt Menschen aus der Roma Community die Möglichkeit ihre Meinung zu veröffentlichen. Der folgende Text ist von Laura Moldovan. Der folgende Text ist keine Filmkritik. Er stellt nicht die Fähigkeiten von Kusturica als Regisseur in Frage. Dieser Text beschreibt die Wahrnehmung von Laura Moldovan. Es ist ihre Analyse der „Zigeuner“, die Kusturica in seinen Filmen zeigt und eine Analyse davon was diese konstruierten „Zigeuner“ und deren karikierte Welt mit der Wahrnehmung jener Menschen macht, die diese preisgekrönten und hochanerkannten Filme sehen.

Der Text gliedert sich in 4 Teile: ein Intro und 3 Einzeltexte zu verschiedenen Filmen:

 

 

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Teil 2: „Die Zeit der Zigeuner“ (1989) –> Teil 2 Audio Version
Teil 3: „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) –> Teil 3 Audio Version
Teil 4: „Blue Gipsy – All the invisible children“ (2005) –> Teil 4 Audio Version

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Informationen zu und Biographie von Emir Kusturica hier

 

TEIL 1 | INTRO

Emir Kusturica und seine „Zigeuner“

von Laura Moldovan

 

Er ist der wohl berühmteste Filmemacher aus der Welt der Roma. Ein Gadjo, dessen Name so untrennbar mit der Filmografie der Roma verbunden ist, wie kaum ein anderer. Die Verehrer seiner Werke sind überzeugt davon, aus seinen Filmen die Lebensrealität der Roma ganz genau zu kennen. Fast so als hätten sie mit den Hauptdarstellern von „Schwarze Katze, weißer Kater“ ihre Kindheit verbracht. Sogar die Roma selbst scheinen sich in seinen Filmen wiederzufinden. Erst bei einem genaueren Blick springt die Katze aus dem Sack: Die Werke von Emir Kusturica sind eine rein stereotypische Darstellung von dem, was die Mehrheitsbevölkerung als „Zigeuner“ kennt. Und der Antiziganismus sprengt die Kinokassen.

 

 

Schwarzer Wohltäter, weißer Lügner

 

Kusturica ist ein sehr intelligenter Mensch. Er verdreht bewusst die Tatsachen so wie es ihm passt:

Die Zigeuner meines Films überleben wie Insekten, nach dem natürlichen Selektionsprinzip, je nach der Schönheit der Farben und der Form der Flügel

sagt er 1999 in einem Interview im deutschen Novo Magazin, 1999. Er nennt uns „Insekten“, bedient sich somit nationalsozialistischer Rhetorik, ästhetisiert aber sogleich den Satz mit schönen Worten. Also: Zigeuner sind Insekten, Parasiten. Aber es gibt ja auch schöne Insekten, nicht? 2002 wurde Emir Kusturica von UNICEF zum Goodwill-Botschafter ernannt. „Ich wollte den Kindern so viel wie möglich helfen“ sagte er in einem Interwiev auf www.zmag.org.  Dass er in Wahrheit mit seinen Filmen die Zukunft der jungen Generation der Roma aufs Spiel setzt, indem er sie als die Parasiten der untersten Schicht der Gesellschaft darstellt, spielt hierbei sichtlich keine Rolle.

 

„Ich bin in einer Mittelklasse Familie in der Nähe des Ortes aufgewachsen, wo die Zigeuner lebten. Ich war immer begeistert von ihrer Freiheit, von der Art, wie sie das Leben akzeptierten, ihrer direkten Verbindung zu ihrer Freude, ihrer Kraft und ihrem Optimismus. Zigeuner haben eine sehr schlechte Position in der Gesellschaft, weil jeder Mittelklasse-Motherfucker gerne jemanden unter sich haben will. Wenn Sie in den Bezirk Skopje in Mazedonien gehen, wo die Zigeuner leben, werden Sie viele Menschen finden, die sie hassen und nichts mehr als mit einem Schritt über ihnen sein wollen“

sagte Kusturica in einem Interview mit Graham Fuller (1999).

 

 

DiZeit der Stereotypen

 

 

Die sogenannte „Freiheit“ der Roma wird in „Die Zeit der Zigeuner“ (1989) von einem verrückten hartnäckigen Protagonisten gleich zu Beginn des Filmes vehement verlangt. Das Gefühl entsteht, dass Roma einfach nicht normal und unterwürfig seien und sich nicht in die Gesellschaft integrieren wollen. Die „direkte Verbindung zur Freude“ der Roma wird auch in „Blue Gipsy“ (2005) gezeigt, als eine Art der Manipulation, bei der die „Lebensfreude“ benutzt wird um Leute zu bestehlen. Siehe YouTube Ausschnitt:

 

 

Durch die gezeigte Szene entsteht beim Publikum der Eindruck, dass man sich von „frohen Roma“ nicht beirren lassen sollte. Musik, Tanz und Lebensfreude – die einzigen positiven Eigenschaften, die den Roma zugeschrieben werden – werden von Kusturica im Kontext als negativ gezeigt.

 

In „Schwarze Katze, Weisse Kater“(1998) wird klar gezeigt, dass diese „Freiheit“ und „Lebensfreude“ für Kusturica viel mehr Frechheit und eine primitive Einstellung zum Leben bedeuten. Wie in dieser Szene in der ein junger Mann seinen Opa mit einer Musikkapelle aus dem Krankenhaus abholt.

 

 

Ein beliebtes Motiv in seinen Werken sind Roma, die wie Insekten überleben. Trotz dieses wiederkehrenden Bildes findet sich in Kusturicas Filmen keine Spur einer Darstellung des Völkermordes an den Roma. Symbole dafür erkennen wir in Szenen, wie jener aus „Die Zeit der Zigeuner“, in dem ein schwebendes Haus zu sehen ist.

 

Screenshot „Black cat, white cat“  „Auferstehung“

 

 

Auch die zwei alten Männer aus „Schwarze Katze, weißer Kater“ die am Ende des Films (Spoiler alert!) vom Tod auferstehen, sind von dieser Symbolik gezeichnet. Den Zuschauern wird durch das Motiv des Überlebens die Frage suggeriert: „Warum sterben sie einfach nicht?“. Und am Ende dieser Frage, steht schließlich statt dem Fragezeichen das Verlangen danach, die Roma auszulöschen.

 

 

 

 

Satire Als Deckmantel Für Rassismus

 

Kusturica nutzt die Kunst des Films um seine persönlichen, rassistischen Vorstellungen geschützt durch das Format der Satire ungebremst auszuleben. Jedes Detail hat eine Bedeutung und hinter jeder Pointe versteckt sich eine Symbolik.

Weil wir keinen eigenen Staat haben, keine politische Vertretung und kaum Instanzen, die sich für den Schutz der Rechte der Roma einsetzen, erlaubt sich Kusturica in seinen Filmen, die Roma herabzuwürdigen und zu diffamieren.

Hinter seiner Rhetorik und der Symbolik in seinen Filmen manifestiert sich ein versteckter Hass gegen Roma, regelrechter Antiziganismus.

 

 

Source: www.tumbler.com

 

Kursturicas Werke sind pauschalisierend. Negative Eigenschaften und Geschehnisse – wie Kinderhandel, arrangierte Ehen, Zwangsheirat, Betteln, Drogen, Gewalt, Diebstahl, Schmuggel, Korruption und Glücksspiel – werden den Roma als typisch zugeschrieben und zur Herkunft gemacht.

Traditionen und Gewohnheiten der Roma auf der anderen Seite werden verspottet und übertrieben dargestellt. Die Figuren sind äußerlich nie besonders attraktiv: Häufig sehen wir Charaktere mit Goldzähnen, Hüten und Schnurrbärten. Ihre Kleidung ist kitschig und geschmacklos, ihre Namen fremdländisch und seltsam.

 

 

Seine Hauptcharaktere sind oft Antagonisten mit menschlichen Zügen. Selbst wenn sie zu anfangs mit ihren „nicht-zigeunerischen“ Zügen die Herzen der Zuseher gewinnen, zeigen sie zum Ende hin stets, dass sie als Ausnahme nur die Regel bestätigen.

 

Auffällig ist es, dass die „Zigeuner“ in Kusturicas Filmen stets isoliert leben, nach ihrer eigenen Art, von der Gesellschaft abgeschlossen. Der Kontakt mit den Nicht-Roma ist selten. Wenn sie doch auf Nicht-Roma trefffen, sind es Menschen, die Berufe ausüben, die den Roma in dieser geschaffenen Welt verboten sind: Priester, Bürgermeister, Ärzte, Krankenschwestern.

 

Denn hätte er einen Rom porträtiert, der integriert in der Gesellschaft einem jener Berufe nachgeht, hätte sich sein Bild eines kriminellen, faulen und primitiven Volkes filmisch nicht halten können.

 

 

Vom Idol zum Idioten

 

     
               Treffen zwischen Kusturica und Coppola  | Source: kustu.com 

 

Emir Kusturica war ein sehr großer Bewunderer von Francis Ford Coppola, was auch in seinen Werken häufig zum Vorschein kommt. Bei einem persönlichen Treffen mit dem Filmemacher bei den Filmfestspielen von Cannes am 11.Mai 1997 trafen sich Kusturica und Coppola persönlich. Erst jetzt bemerkte Kusturica , dass Coppola über ihn und seine Filme nichts gehört hatte. Dies hat ihn offensichtlich tief verletzt wie dieses Zitat zeigt:

Ich mache alles, um nicht wie Coppola zu werden,

erklärte er danach in einem Interview in der französischen Zeitschrift L’Evénement du Jeudi (2000). Dieses Statement sagt sehr viel über Kusturica aus. Er überschätzt stets seine Berühmtheit. „Ich sage nicht, dass ich ein Genie bin, aber…“ Bei jeglicher Konfrontation mit der Kritik zeigt sich Kusturica beschämt und beleidigt.

Er wollte mich nicht wiedererkennen, denke ich. Ich war erstaunt, dass er noch nie von einem einzigen meiner Filme gehört hatte

sagt er. Selbst aus seinem vormals größten Idol wird so ein Feind, da er die Anerkennung und den Ruhm nicht erhält, den er sich selbst zurechnet.

Ich habe Coppola schon mal gemocht. Heute macht Coppola Geschäfte. Er hat keine Zeit mehr, Regisseur zu sein. Er muss sehr unglücklich sein. Ich bin anerkannt, was große Vorteile bringt, wenn man Mittel für einen neuen Film finden muss. Ich setze mich jede Minute meines Lebens aus. Ich bin Schauspieler. Ich spiele Musik. Weil ich nicht Coppola sein will! Mit seinem dicken Bauch konnte er Rock nie spielen.

sagt er im  L’Evénement du Jeudi (2000).

 

 

Zigeunerflüsterer

 

Kusturicas Arbeit über Roma wurde mehrfach preisgekrönt. Die Arbeit eines Nicht-Rom, der sich auf dem Rücken meines Volkes sein Geld verdient und die Roma für seine Anerkennung und sein Prestige missbraucht hat. Unabhängig von seinem erworbenen Reichtum, ist schmerzhaft und schwerwiegend, wie er im Laufe der Zeit die Roma diffamiert hat, um sich eine erfolgreiche Karriere aufzubauen.

Als der populärste internationale Regisseur für Filme über Roma, hat er die Grundlage für viele der heutigen Vorurteile gelegt. Ich bin davon überzeugt, dass Kusturicas Filme maßgeblich dazu beigetragen haben, dass sich bei seinen Zusehern ein negatives Bild unserer Minderheit verfestigt, und die Xenophobie und der Antiziganismus stark zugenommen haben. Kusturica ist ein Wanderer, so wie die fiktiven Märchenzigeuner in seinen Filmen.

Ich bin ein Mensch ohne Land, der zwischen Paris und New York und Belgrad und Montenegro reist. Meine Wurzeln liegen in der Herzegowina, aber die Nationalität ist mir egal.

sagt er im Interwiev mit Graham Fuller. Nach dieser Logik sollte er doch eigentlich seinen Zigeunern gegenüber emphatisch sein, nicht?

 

Warum hat Emir Kusturica dann solch einen Hass gegen Roma? Vielleicht hat er dieser Frage sogar schon selbst beantwortet:

 

Weil jeder Mittelklasse-Motherfucker gerne jemanden unter sich haben will.

 

 

 

Weitere Artikel zu Emir Kusturicas: 

Sie lesen gerade: Teil 1 Intro | „Emir Kusturica und seine Zigeuner“ –> Teil 1 Audio Version

Teil 2: „Die Zeit der Zigeuner“ (1989) –> Teil 2 Audio Version
Teil 3: „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) –> Teil 3 Audio Version
Teil 4: „Blue Gipsy – All the invisible children“ (2005) –> Teil 4 Audio Version

oder hören sie sich alle Teile auf einmal an: Teil 1 – 4 Audio Version

 

 

 

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https://www.romblog.at/2018/04/16/meinung-romani-voices-teil-1-emir-kusturica-und-seine-zigeuner-von-laura-moldovan/feed/ 1
Filmkritik | „Valentina“ von Laura Moldovan https://www.romblog.at/2017/09/19/filmkritik-valentina-von-laura-moldovan/ https://www.romblog.at/2017/09/19/filmkritik-valentina-von-laura-moldovan/#respond Tue, 19 Sep 2017 11:59:45 +0000 https://www.romblog.at/?p=549  

Romanes | Românesc

 

 

Wie es zu dem Film kam ist schnell erzählt:

Inspiriert von einer Zeile aus einem Rilke-Gedicht: “Armut ist ein großer Glanz aus Innen”, machten sich 2013, Maximilian Feldman und Luise Schröder, beide StudentInnen des Filmfaches, auf die Suche nach Protagonisten in Skopje, Mazedonien. Dort scheitern sie daran, dass die angefragten Personen aufgrund der niedrigen Gagen und ihrer Abneigung gegenüber Armuts-Tourismus nicht mitmachen wollten.  Nach fünf Wochen begegnet den Filmemachern ein bettelndes Mädchen und erzählt über ihren Vater, der schon einmal in einem Emir Kusturica Film mitgespielt hat. Daraufhin kontaktieren sie die Familie des Mädchens und einigen sich auf eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 11000 Denar (150 Euro) und die Versorgung mit Lebensmitteln für die Zeit des Drehs.

 

„Sie sind zu uns gekommen, zu armen Leuten, um zu sehen wer wir sind und es den anderen zu zeigen“

 

sagt Valentina, aus deren Perspektive der Film gezeigt und kommentiert wird. Dieses Zitat zeigt, dass der Roma-Familie sehr wohl bewusst ist, dass sie als negatives Beispiel gezeigt werden und sie dies ihre Würde kosten wird. Der Hunger und die Armut zwingen sie aber dazu, die Abmachung zu akzeptieren. Nun beginnen die Dreharbeiten: zwölf Personen, drei Generationen, in einem einzigen Zimmer. Gedreht wird in Schwarz-Weiß um das elende Umfeld zu ästhetisieren, so werden Müll und Dreck zwar weniger sichtbar, dafür scheint alles noch trauriger, die Energie und Vitalität der Figuren verblasst.

 

Die Regisseure übertragen die große Verantwortung des Filmkommentars an die schlaue und witzige Valentina Demaili. Die 10-Jährige Tochter, führt naiv und unschuldig durch den Film, auch in den respektlosen und herablassenden Szenen. Dabei wird immer davon ausgegangen, dass die Familie keine Chance hat, ihrer Situation zu entkommen.  Aus den ausgewählten Szenen bei der Montage und Valentinas Kommentar, wird das Porträt jedes einzelnen Familienmitgliedes wie folgt suggeriert:

 

Ferdi: Durch Valentinas Beschreibung, wird er als eine verrückte, sehr aggressive Person dargestellt.

Mutter Naile: Sie ist eine starke Frau, wird aber stellvertretend für die generelle Darstellung von Roma-Frauen in Filmen gezeigt: Vollblut Mutter, un-emanzipiert, ruhig, sowohl ihrem Mann als auch seiner Familie unterwürfig. Ich empfinde diese Charakterisierung als eine Erniedrigung der Frau im Allgemein.

Jasmina: Auch sie wurde portraitiert, obwohl sie bei den Dreharbeiten gar nicht anwesend war. Ihre Hochzeitsfotos werden aber dafür benutzt, auf der Negative Klischee der Zwangsehen aufmerksam zu machen.

Ramizze: Aus Valentinas Beschreibung ergibt sich, dass sie oberflächlich sein soll.

Vater Asim: Er ist für die Familie verantwortlich. Er sammelt Sperrmüll und schickt seine Frau und seine Kinder zum Betteln. Als Familienoberhaupt ist er somit derjenige, auf dem man mit dem Finger zeigt.

Opa: Einst das Familienoberhaupt, ist er im Film durch seine Laster (das Rauchen) porträtiert.

Valentina: “Die Ärzte haben einen Fehler gemacht. Ich sollte eigentlich ein Bub sein.” Der Film fängt mit diesen Worten von Valentina an. Den Zuschauern wird absichtlich die Idee vermittelt, dass sie sexuell desorientiert ist, was bei einem 10-jährigen Kind absurd ist. Sie verwendet harte Worte für ein Kind in ihrem Alter. Wer die Sprache der Roma nicht kennt, könnte meinen, Valentina sei eine gewaltsame Person. Eigentlich spricht sie damit nur ihre Liebe aus. Sie kennt sich gut aus in Sachen Geld und glaubt, es sei die Lösung aller Probleme auf der Welt. Sie träumt davon in einem Film mitzuspielen. Max und Luise verwirklichen ihren Traum. Sie freut sich, dass sie die Hauptrolle hat, realisiert aber nicht, welche Folgen dieser Film auf ihr Familienbild haben kann.

Es hat mich gestört, dass der Film zeigt, dass Asim und Naile das Geburtsdatum ihrer Kinder nicht kennen. Das finde ich sehr herabsetzend für die beiden und es hat auch mit dem Thema des Filmes nichts zu tun. Am meistens hat mich die Szene gestört, in der Vater Asim die Hühner schlachtet und der kopflose Körper noch immer zappelt und fliegt. Diese Szene hat mir ein unangenehmes Gefühl gegeben.

 

Die Regisseure verlangen von Valentina und Ferdi, dass sie die geschlachteten Köpfe in der Hand halten, damit sie besser filmen können, und die Kinder fangen an damit zu spielen. Diese Szene stimmt mit dem Thema des Films nicht überein, die Regisseure haben sie trotzdem als eine der ersten Szenen im Film gewählt.

 

Sie finden die Szene repräsentativ für die Roma Familie, in Bezug auf Magie, wofür geschlachtete Hühnerköpfe verwendet werden. Als Romni, halte ich es für sehr beleidigend, dass die Zugehörigkeit zu Roma-Ethnie auf diese Art symbolisiert wird.

Warum kommt im Film die Szene mit der Bezahlung überhaupt vor? Wollten die Filmemacher sich damit rechtfertigen und zeigen, dass sie die armen Menschen eh schon dafür bezahlt haben? Solch eine brutale Darstellung der Intimität ist unbezahlbar.

Letzten Endes verfolgt die Regisseure anscheinend das schlechte Gewissen. Sie brechen selbst mit Rilkes Zitat, indem sie Tucholsky zitieren: „Armut ist eben gewiss kein hoher Glanz von Innen, sondern eine einzige Sauerei”.

 

Sie organisieren Solidaritätsaktionen und sammeln Spenden, renovieren das Haus der Familie und werden sogar Paten eines Kindes der Familie. Sehr schön! Aber dies hilft nur kurzfristig, der Film und die negative Darstellung darin wirken jedoch nachhaltig. Und was wird mit den anderen Familien aus der Shutka passieren, die in derselben Situation leben?

 

Dieser Film ist ein großes Hindernis dafür, sich eine bessere Zukunft zu schaffen. Nur mit großen Schwierigkeiten können sie aus dieser Scham herauskommen und sich ihre Würde wieder erkämpfen. Die zwei Regisseure haben durch das negative Bild der Familie, das Elend und die Primitivität absichtlich akzentuiert. Auf diese Art und Weise klassifizieren sie nicht nur die Demailis, sondern die ganze Roma-Ethnie pauschal in die unterste Gesellschaftsschicht.

 

Die Nicht-Roma betrachten diesen Film als ein Kunstwerk. Aber ich als Romni finde, dass er eine Diffamierung ist.

 

Es ist nicht der erste und vielleicht auch nicht der letzte Film, der uns herabsetzt. Menschen wie Maximilian Feldman und Luise Schröder sind mitverantwortlich dafür, dass sich die Meinung der Gesellschaft über Roma sobald nicht ändern wird. Wir werden immer auf dieselbe negative Art präsentiert, als armes und primitives Volk. Man nimmt den Menschen mit solchen Filmen die Möglichkeit, die Roma authentisch kennenzulernen, so werden wir nie akzeptiert und als respektwürdige Personen anerkannt. Dieser Film hilft niemandem, verstärkt die Vorurteile und macht es den Nicht-Roma noch schwerer, die Lebensrealität der Roma zu verstehen.

Lasst uns unsere Geschichte selbst schreiben, selbst zeigen und selbst erzählen!

 

zum Filmtrailer

 

„Valentina“

Regie: Maximilian Feldman und Luise Schröder
Dauer: 51 Minuten
Protagonisten: Familie Demaili
Erscheinung: 2016, Deutschland

SCHNITT GREGOR BARTSCH & MATTHIAS SCHARFI

TON OSCAR STIEBITZ | SOUND DESIGN OSCAR STIEBITZ

MUSIK OLIVER OLE

FRIESPRODUKTION LUISE SCHRÖDER & MAXIMILIAN FELDMANN

HOCHSCHULE FILMAKADEMIE BADEN-WÜRTTEMBERG

Auszug Preise: Baden/Württembergischer Filmpreis 2016 |First Steps Award der Berlinale 2016 | International Documentary Award des Wiener Dokumentarfilmfestivals Ethnocineca.

 

 

Kritik von Laura Moldovan

Marcela Laura Moldovan (30)  schreibt ab sofort Filmkritiken für www.romblog.at.

Sie beschäftigt sich vor allem mit Filmen über Roma die sehr oft nur von der Mehrheitsgesellschaft produziert und reflektiert werden. Laura will diesen Filmen mit einer von Roma selbstgeprägten Perspektive begegnen.

 

mehr über das Team von www.romblog.at 

 

 

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